Blattmacher mit wechselnden Weichen– Manfred Bissinger
30 Porträts Hamburger Medienmacher– Serie für die taz 1991
”Es gibt keine Tabus mehr, deshalb ist Journalismus heute so schwierig geworden“
sagt Manfred Bissinger. Dabei haben seine 51-jährigen Augen einen gelassenen Blick,
der gewöhnt ist, Konflikte einzukalkulieren und Konkurrenz auszuhalten, zugleich aber
auch den Ausdruck eines Wißbegierigen, der zuhören kann.
… ”Allein mit seinem stern hat Nannen ein Riesending hingestellt“ – aus Manfred Bissinger spricht unverhohlene Bwunderung für seinen ehemaligen Lehrmeister. Beim stern biß Bissiger für längere Zeit an; avencierte vom Leserbriefredakteur zum stellvertreneden Chef und beobachtete aus nächster Nähe einen Urtrieb des Egomanen Nannen: unersättliche Neugier und die Kunst rektionsschneller Verkaufe. ”Er hatte eine unglaubliche gute Art, Dritte für etwas zu begeistern“.
Eine Story um Steuerflüchtlinge brachte für den Kronprinzen Bissinger einen Bruch mit dem Blatt und in der Folge einen neuen Posten, den des Pressesprechers von Hamburgs Bürgermeister Ulrich Klose.
”Im Rathaus lernte ich, Kompromisse zu schließen und, daß man nicht immer obsiegen muß“.
Bissinger sagt das um eine Nuance leiser als sonst und strahlt weder Hektik noch Härte aus.
Vom Rathaus zum Radikalinski: Mitte 1981 ging Bissinger als Chefredakteur zu ”Konkret“, wobei schon nach zwei Jahren der Vorrat an Gemeinsamkeiten mit Gremlitza erschöpft war.
Im Orwell-Jahr 1984 wechselte Bissinger nach München zu ”Natur“ und verpaßte der Zeitschrift ein kämpfersiches Image. Nachdem er aber dort ”Das 13. Mal über Wackersdorf geschrieben hatte“, sah er wieder seinen Abschied gekommen. 1989 kehrte er nach Hamburg zurück,”um den Merain Verlag aus der studienrätlichen Sackgasse zu holen“.
Als Generalsekretär des Pen-Clubs tut Manfred Bissinger ”schweineviel“ nebenbei.”Mit 25 wollen Sie einen Konflikt unbedingt austragen, als 50-Jähriger haben Sie nicht mehr diese Ur-Aufgeregtheit. Die Leute sehen in mir einen gläsernen Redakteur und kennnen mich nicht“.